Merlin-Raketentriebwerk – Herzstück der Falcon-Flotte
Das Merlin-Triebwerk bildet den Antrieb der Falcon-Raketen von SpaceX – dazu zählen die Falcon 1 (heute außer Dienst), die Falcon 9 und auch Elemente der Falcon Heavy. Für den Betrieb nutzt Merlin RP-1, eine hochraffinierte Form von Kerosin, kombiniert mit flüssigem Sauerstoff (LOX). Über die Jahre wurde das Triebwerk kontinuierlich weiterentwickelt, um höhere Schubleistungen, Effizienz und Zuverlässigkeit zu erreichen.
Entwicklung und Versionen

Merlin 1A
Die allererste Version des Merlin-Designs brachte einen Schub von rund 340 kN in Bodennähe. Diese frühe Ausführung war relativ einfach konstruiert. Die Kühlung erfolgte ablativ – eine spezielle, schichtartige Beschichtung verdampfte bei hohen Temperaturen, um das Triebwerk zu schützen. Die Turbopumpe drehte mit etwa 20.000 Umdrehungen pro Minute, wobei das Triebwerk noch ein relativ hohes Gesamtgewicht von rund 760 kg aufwies. Merlin 1A kam bei den ersten beiden Flügen der Falcon 1 zum Einsatz.
Merlin 1B
Als Weiterentwicklung des 1A-Modells wurde im Merlin 1B eine modifizierte Turbopumpe integriert, die auf etwa 22.000 Umdrehungen pro Minute arbeitete. Dadurch konnte der Schub auf rund 380 kN in Bodennähe gesteigert werden. Obwohl diese Version entwickelt wurde, kam sie letztlich nicht im Flugprogramm zum Einsatz.
Merlin 1C
Mit dem Merlin 1C erfolgte ein bedeutender technologischer Fortschritt: Anstelle der ablative Kühlung wurde eine regenerative Kühlung verwendet, bei der der Treibstoff entlang der Brennkammer fließt und so die Hitze abführt. Dies ermöglichte nicht nur eine effizientere Temperaturkontrolle, sondern auch eine Erhöhung des Schubs auf etwa 420 kN bei gleichzeitig reduziertem Gewicht auf rund 460 kg. Der erste Einsatz erfolgte 2008 beim dritten Flug der Falcon 1 – ein Flug, der zwar scheiterte, aber wichtige Daten für die Weiterentwicklung lieferte. Beim darauffolgenden Start der Falcon 1 erreichte die Rakete als erste privat finanzierte Flüssigtreibstoffrakete erfolgreich den Erdorbit.
Merlin 1D und Weiterentwicklungen
Die Merlin 1D-Generation brachte den bisher höchsten Schub in der Familie und wurde durch einen gesteigerten Brennkammerdruck realisiert. Ursprünglich betrug der Schub ca. 650 kN, und es war möglich, die Leistung zunächst bis zu 70 % des Nominalwertes zu drosseln – später sogar auf 39 % (entsprechend rund 360 kN). Laut Angaben von Tom Mueller erreichte das Merlin 1D ein beeindruckendes Schub-zu-Gewicht-Verhältnis von etwa 158. Mit weiteren Optimierungen war eine Steigerung des Schubs auf bis zu 825 kN angedacht, was ein Verhältnis von ca. 180 ergeben würde. Eine überarbeitete Version, das Merlin 1D v2, ist für den Einsatz in der Falcon 9 Block 5 vorgesehen – der finalen Iteration der Falcon 9. Dieses Verhältnis stellt in der Klasse der flüssigkeitsbetriebenen Raketentriebwerke einen Branchenmaßstab dar.
Zusätzlich wurde für die zweite Stufe der Falcon 9 eine spezielle Variante, der Merlin 1D Vacuum, entwickelt. Dieser optimierte Vakuum-Triebwerkstyp arbeitet mit einem vergrößerten Düse, um im weltraum eine noch höhere Effizienz zu erreichen.
Steuerung und Injektionssystem
Die Einspritzung des Treibstoffs basiert auf der bewährten Pintle-Injektortechnologie – ein Verfahren, das erstmals in den Landeantrieben des Apollo-Landesystems eingesetzt wurde. Dieses System zeichnet sich durch seine Einfachheit und Robustheit aus und ermöglicht eine feine Drosselung des Schubs. Zur präzisen Steuerung der Raketen verwendet SpaceX ein Schub-Vektor-Control-System. Dabei kommen in jeder Steuereinheit drei redundante Computer zum Einsatz, was die Ausfallsicherheit erhöht.

Zuverlässigkeit und Wiederverwendung
Bis zum Jahr 2014 hatte SpaceX bereits das hundertste Merlin 1D-Triebwerk gefertigt, und im Laufe der Falcon-Starts kamen inzwischen hunderte dieser Triebwerke zum Einsatz – bislang ohne dokumentierte Ausfälle. Die Entwicklung des Merlin-Triebwerks war von Anfang an auf Stabilität und Langlebigkeit ausgelegt, um auch die angestrebte Wiederverwendbarkeit zu ermöglichen. Nachdem SpaceX erfolgreich Falcon 9 Erststufen landete, konnten die Triebwerke im Nachgang genau untersucht werden. Dabei wurden kleinere Mikro-Risse festgestellt, an denen weitergearbeitet wird, um zukünftige Einsätze noch sicherer zu machen.
Ein historischer Meilenstein war der Start der Falcon 9 mit der wiederverwendbaren Erststufe bei der Mission SES-10, der Ende 2017 stattfand. Dieser Flug bewies, dass die robuste Bauweise der Merlin-Triebwerke und der Booster insgesamt den Herausforderungen der Wiederverwendung standhalten.
Fazit
Das Merlin-Triebwerk hat sich als Schlüsseltechnologie von SpaceX etabliert. Durch kontinuierliche Innovationen – von der einfachen Merlin 1A bis hin zum hochentwickelten Merlin 1D und seinen Varianten – konnte SpaceX nicht nur die Leistung und Effizienz seiner Raketen steigern, sondern auch einen entscheidenden Schritt in Richtung nachhaltiger Raumfahrt durch die Wiederverwendung von Triebwerken und Boostern gehen.